🏡 Wie unerreichbar ist der Traum einer eigenen Immobilie?

Mythos Eigenheim 🏠
Wie steht es tatsächlich um die Erschwinglichkeit von Immobilien in Deutschland?
Viele junge Familien haben derzeit das Gefühl, dass der Traum von einer eigenen Immobilie für sie nicht zu verwirklichen ist.
Der internationale und historische Vergleich zeichnet jedoch ein anderes Bild: Die eigenen vier Wände waren selten erschwinglicher als heute !
„Auch Verzichten muss man lernen“, sagt die Psychologin und Finanzexpertin Monika Müller und rät zur Kompromissbereitschaft bei der Immobiliensuche.
Wohneigentum gilt heute für viele als unerschwinglich. Doch historische Daten zeigen: Der Weg zur eigenen Immobilie war viele Jahre noch schwieriger !
Stimmt also die Geschichte von den zunehmend unerschwinglichen Immobilien wirklich?
Das Handelsblatt hat Zahlen und Tabellen geprüft sowie mit vielen Fachleuten und langjährigen Marktbeobachtern gesprochen, um sich ein genaues Bild im historischen Vergleich zu verschaffen. Das Ergebnis dürfte selbst einige Experten überraschen.
1. Immobilien deutlich erschwinglicher als in den 1980er-Jahren
Um ein genaueres Bild davon zu erhalten, wie erschwinglich Immobilien für frühere Generationen im Vergleich zu heute waren, sind die wichtigsten Parameter die Immobilienpreise, die Einkommen und die Zinsen. Nicht einbezogen in die Berechnung sind staatliche Fördermaßen, die früher tendenziell üppiger waren. Mehr dazu unter Punkt 7.
Rechnet man Preise, Einkommen und Zinsen in einem Index zusammen, wird ein Vergleich beispielsweise mit den 1980er-Jahren möglich, wie ihn das Handelsblatt Research Institute berechnet hat. Die methodische Grundlage bildete der Erschwinglichkeitsindex von Deutsche Bank Research, der die Höhe der Zinsen berücksichtigt, aber nur bis 2005 zurückgeht.
Die wichtigsten Parameter zur Bewertung der Erschwinglichkeit sind die Immobilienpreise, Einkommen und die Zinsen.
Das Ergebnis der Berechnungen fällt drastisch aus: Demnach war es Anfang der 1980er-Jahre viermal schwieriger, ins Eigenheim zu kommen, als heute. In dieser Betrachtung befindet sich die Erschwinglichkeit aktuell wieder auf dem Niveau von 2008, was immer noch vergleichsweise niedrig ist.
Historisch betrachtet ist Wohneigentum in der Bundesrepublik bis auf wenige kurze Phasen immer erschwinglicher geworden.
Wie bitte? Wie kann das sein? Befinden sich die Immobilienpreise in Deutschland nicht immer noch nahe dem Rekordniveau, bei gleichzeitig drastisch gestiegenen Zinsen?
An diesen Fragen ist nichts falsch – aber sie lassen außer Acht, dass zugleich auch die Realeinkommen in Deutschland gestiegen sind und das Zinsniveau im historischen Vergleich immer noch vergleichsweise niedrig ist.
Ein Blick auf die einzelnen Kennziffern zeigt, dass nach Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die nominalen Immobilienpreise in Deutschland nur in zwei Phasen deutlich gestiegen sind. Zum einen legten sie zwischen 1990 und 1995 im Gefolge der Wiedervereinigung zu, zum anderem seit Beginn des letztens Booms ab 2010. In den 1980ern und von 1995 bis 2010 hingegen bewegten sich die Immobilienpreise auf der Stelle.
Insgesamt liegt das nominale – also ohne Inflation berechnete – Preisplus seit 1980 bei rund 160 Prozent. Rechnet man die Inflation mit ein, sind die Hauspreise real seit 1980 sogar nur um 15 Prozent gestiegen. Zwischenzeitlich gab es real sogar teils deutliche Wertverluste.
Anders sieht die Entwicklung der Haushaltseinkommen aus, der zweiten Kennziffer. Hier gab es laut dem Statistischen Bundesamt seit 1980 einen kontinuierlichen Anstieg.
Nominal legten die Einkommen um 210 Prozent zu, real um 40 Prozent. Insgesamt sind die Einkommen also deutlich stärker gestiegen als die Immobilienpreise.
Neben den Immobilienpreisen und den Einkommen spielen die Bauzinsen, Kennziffer Nummer drei, eine entscheidende Rolle, weil kaum ein Eigentümer ohne Kredit ins Eigenheim kommt.
Auch wenn der Anstieg der Hypothekenzinsen von einem Prozent auf zwischenzeitlich mehr als vier Prozent im vergangenen Jahr für viele ein Schock war: Aktuell befinden wir uns ungefähr auf dem Zinsniveau zu Beginn des Immobilienbooms 2011 und historisch betrachtet auf einem niedrigen Level.
So gab es auch Ende der 1970er-Jahre innerhalb eines Jahres einen deutlichen Zinsanstieg – von 6,75 Prozent Anfang 1979 auf zehn Prozent im April 1980, ein Jahr später erreichten die Zinsen sogar zwölf Prozent.
Zwischenfazit: Im historischen Vergleich steht es aktuell nicht schlecht um die Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien, auch wenn es sich anders anfühlt. Zum einen sind die Bauzinsen über Jahrzehnte immer weiter gesunken. Zum anderen sind die Einkommen stärker gestiegen als die Immobilienpreise. Aber warum bitte fühlt es sich für viele Familien, die derzeit Wohneigentum erwerben wollen, so ganz anders an?
2. Die Wohnfläche pro Kopf in Deutschland immer weiter gestiegen
Zwischenfazit: Über die Jahrzehnte hinweg ist die Wohnfläche pro Person deutlich gestiegen, ein echter Wohlstandsgewinn, auch in den begehrten Großstädten. Denn selbst wenn dort die Wohnfläche pro Kopf inzwischen stagniert, liegt sie immer noch historisch auf einem sehr hohen Niveau. Aber mehr Quadratmeter pro Person kosten halt auch mehr.
3. Anteil der Wohnkosten am Einkommen über viele Jahrzehnte stabil
Zwischenfazit: Wie viel vom Einkommen ein Haushalt fürs Wohnen ausgibt, ist individuell sehr unterschiedlich. Im Schnitt und unter Einbeziehung der Wohnfläche pro Kopf wohnt man in Deutschland inzwischen aber günstiger als vor 30 Jahren. Vergleicht man zudem Kaufpreise mit Neuvertragsmieten, so gilt das insbesondere für Wohnungseigentümer.
4. Wenig Preisanstieg bei deutschen Immobilien im internationalen Vergleich
Zwischenfazit: Auch wenn der Anstieg der Immobilienpreise in den Boomjahren für viele potenzielle Käufer schmerzhaft war, befindet sich der deutsche Markt weiterhin in einer stabilen Verfassung, zumal seit Herbst 2022 die Preise wieder sinken.
5. Der Staat treibt die Kaufnebenkosten von Immobilien in die Höhe
Zwischenfazit: Die Politik trägt dazu bei, dass die finanziellen Belastungen für Käufer in den letzten Jahrzehnten gestiegen sind. Denn die Grunderwerbsteuer frisst nicht selten einen erheblichen Teil des Eigenkapitals der Erwerber.
6. Früher gab es für Haus- und Wohnungskäufer echte Förderung
Zwischenfazit: Zwei Generationen von Baufamilien kamen in Deutschland in den Genuss hoher staatlicher Förderung. Gemessen daran sind die aktuellen Fördermaßnahmen gering.
Zwar ist der volkswirtschaftliche Nutzen der Wohneigentumsförderung zu Recht umstritten – für die überwiegende Zahl der Bauherren aber war sie die Brücke ins Eigenheim und der entscheidende Hebel zur Vermögensbildung.
Auch die Erschwinglichkeit von Wohneigentum verbesserte sich dadurch. Kompensieren kann die damalige Förderung den heutigen Erschwinglichkeitsvorteil indes nicht.
7. Fazit: Immobilienmarkt in Deutschland
Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist für Käuferinnen und Käufer derzeit viel besser, als sie es aktuell empfinden. Das liegt vor allem daran, dass die Deutschen die derzeitige Situation mit jener in den vergangenen paar Jahren vergleichen – eine Phase mit Null- oder Niedrigzinsen.
„Sowohl Käufer als auch Verkäufer müssen einsehen, dass eine Phase von absoluten Nullzinsen am Markt historisch gesehen eine absolute Ausnahme war – und Zinsen um vier Prozent, wie sie derzeit aufgerufen werden, eher die Normalität“, sagt David Schmitt, Geschäftsführer des Maklers Engel & Völkers in Frankfurt.
Der Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist für Käuferinnen und Käufer derzeit viel besser, als sie es aktuell empfinden.
Der Blick in die Vergangenheit zeigt: Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist für Käuferinnen und Käufer derzeit viel besser, als sie es aktuell empfinden.
Im längeren Blick zurück war die Lage, was die Rahmenbedingungen an den Märkten angeht, zumindest zeitweise deutlich schlechter als heute. Ja, es gab echte Eigentumsförderung des Staates. Doch auch diese Förderung konnte die in langen Phasen in der Bundesrepublik deutlich höheren Zinskosten nicht aufwiegen.
Wohneigentum ist nach wie vor der entscheidende Schritt für die Vermögensbildung. Eigentümer besitzen zum Start in die Rente ein viel größeres Vermögen als Mieter, auch bei vergleichbaren Einkommen. Es lohnt sich also immer noch, den Kauf einer selbst genutzten Immobilie anzustreben.
Allerdings: Den Wunsch nach der Villa mit riesigem Garten oder einer großen Eigentumswohnung mitten in der Stadt werden sich viele tatsächlich nicht mehr erfüllen können. Das heißt aber nicht, dass sie sich überhaupt kein Eigentum mehr leisten können, es fällt eben nur etwas kleiner aus.
Quelle: Auszug aus Handelsblatt, 18.07.23
„Wie unerreichbar ist der Traum einer eigenen Immobilie?“
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